1.MANNSCHAFT: Das Vertrauen in die eigene Stärke wächst [MAIN POST]

Datum: 
Samstag, 2. April 2011

Starke Badminton-Gemeinschaft: (von links) Philipp Karft, Julia Pötter, Fabian Schäfer, Hanna Faist, Lars Nähle und Sergei Woit stehen schon wieder vor einem Qualitätssprung. Auf dem Bild fehlt Natalia Woit.

 

Die Ochsenfurter Badmintonspieler versuchen sich am nächsten Qualitätssprung

Es soll fantasiereiche Mädchen geben, die von nichts anderem träumen als einer Karriere als Eisprinzessin. Für andere liegt das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde. Hanna Faist wollte „schon immer Badminton spielen“. Badminton? Ist das nicht die etwas grazilere Variante des allseits beliebten Federballs? Mit solchen wenig schmeichelhaften Reaktionen sieht sich die 23-Jährige im-mer wieder mal konfrontiert – sie lächelt mitunter darüber und klärt ihr Gegenüber anschließend auf. „Federball spielt man eher zusammen. Man versucht den Ball lange in der Luft zu halten. Badminton spielt man gegeneinander.“

Als Hanna Faist mit einer Freundin einst Badmintonspielen ging, war ihr Interesse rasch geweckt. Die rasanten Ballwechsel, das atemraubende Tempo, die hohe Laufintensität – von diesen Qualitäten ließ sich die Schülerin damals beeindrucken. Badminton ist eigentlich eine Mischung aus mehreren Sportarten: Es vereint die Reflexe und Finten des Tischtennis, die taktische Raffinesse des Schachspiels, die Ausdauer des Squash und die Agilität und beweglichen Laufwege des Tennis. „Man muss mit Kopf spielen und im Bruchteil einer Sekunde entscheiden, wohin man den Ball spielt“, sagt Hanna Faist. Am besten dorthin, wo der Gegner gerade nicht steht. Durch den extrem leichten Schläger – gehobene Modelle aus Karbon wiegen weniger als hundert Gramm – lässt sich die Schlagrichtung ohne erkennbare Ausholbewegung ändern. Der rasche Wechsel zwischen hart geschlagenen Angriffsbällen, angetäuschten Finten und präzisem, gefühlvollem Spiel am Netz begründet die „Faszination Badminton“ – auch für Hanna Faist, die heute nicht mehr als Exotin in ihrem Sport gilt.

Beim TV Ochsenfurt hat sie vor gut zehn Jahren in der Jugend begonnen. Als sie in die erste Mannschaft wechselte, hielt die sich in der niedrigsten Liga, der Bezirksklasse, auf. Es folgte der Marsch durch die Instanzen. Vor einem Jahr gelang der Aufstieg in die höchste unterfränkische Spielklasse, die Bezirksoberliga – und schon wieder ist das Team auf dem Sprung. An diesem Sonntag kommt es in eigener Halle zum Spitzenspiel mit der SpVgg Stetten. Die beiden Konkurrenten liegen in der Tabelle nach Punkten und Spielen gleichauf an der Spitze. Bleibt der TVO siegreich, wäre der Weg nach oben bereitet – in die Bayernliga. Die Aufstiegschancen sind dieses Jahr besonders günstig, weil sich die Klasse, immerhin die vierthöchste unter der Regionalliga und den zwei Bundesligen, einen neuen, breiteren Rahmen gibt und die Qualifikationsrunde der Meister deshalb entfällt. Ein Unentschieden wie im Hinspiel würde den Titelkampf offen halten. Am letzten Spieltag empfängt der TVO ebenfalls zu Hause den Tabellenletzten aus Bad Königshofen – vermutlich ein kleiner Vorteil gegenüber dem Konkurrenten aus Stetten, der vor zwei Jahren den Sprung in die Bezirksoberliga vollzogen hat.

Von Ochsenfurts Spielern war auf eine solche Konstellation kaum einer vorbereitet. Zwar hatte ihnen Trainer Hans-Karl Öhrlein nach dem Titelgewinn in der Bezirksliga einen weiteren Höhenflug prophezeit. „Aber die Mannschaft“, sagt deren Anführerin Faist, „hatte nicht so viel Vertrauen in sich.“ Ein Platz im Mittelfeld, lautete die eher bescheidene Zielsetzung. Die Qualitätsoffensive hat in Ochsenfurt schon in der Jugend eingesetzt. Viele der heute nominierten zwölf Frauen und Männer haben die vereinseigene Nachwuchsschule durchlaufen. Dass dem TVO mittelfristig nicht bange zu sein braucht, zeigt der Erfolg der U19, die unlängst schon geschafft hat, was die erste Mannschaft noch umtreibt: Meister in der Bezirksoberliga zu werden.

Auf 24 Jahre summiert sich derzeit das Durchschnittsalter der vor einem weiteren Qualitätssprung stehenden Mannschaft, die auch nach dem Einzug in die Bayernliga gerne unter sich bleiben würde. Verstärkung von auswärts ist jedenfalls nicht vorgesehen. Der starke innere Zusammenhalt des Teams rührt wohl auch daher, dass es im Kampf für seine Ziele fast ganz auf sich allein gestellt ist. Zuspruch von außen erfährt das Team höchst selten in einer Sportart, die hierzulande im-mer noch so gut wie unter Ausschluss der Öffentlichkeit und im Fernsehen bestenfalls alle vier Jahre bei Olympia stattfindet. Hanna Faist wirbt für das Spitzenspiel an diesem Sonntag zwar intensiv um Zuschauer – und in ihrer kommunikativen Art ist die Biologiestudentin gewiss keine schlechte Botschafterin. Aber sie weiß, dass es vermutlich nur wieder zu einem „Besucherrekord auf niedriger Ebene“ reichen wird. „Meist sind es Angehörige oder Verwandte, die in die Halle kommen.“

 

Vom MAIN POST  Redaktionsmitglied Eike Lenz

 

Internet:

www.mainpost.de/sport/Kitzingen-Das-Vertrauen-in-die-eigene-Staerke-waec...